Vom Blitz getroffen: So sieht Erste Hilfe aus

Gewitter über Brandenburg
© Patrick Pleul/dpa/dpa-tmn

Gefahr durch Gewitter

Köln (dpa/tmn) - Eine dunkelgraue Wolkenwand nähert sich grummelnd: Zieht ein Gewitter heran, ist niemand richtig unbeschwert draußen unterwegs. Viele Menschen haben Angst, vom Blitz getroffen - und getötet - zu werden. 

Zeit für einen Realitätscheck, der vielleicht ein kleines Aufatmen bedeutet: «Ein Blitzschlag, der einen Menschen trifft, ist ein ganz seltenes Ereignis», sagt Prof. Bernd Böttiger, Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Passieren kann es einem aber dennoch, wenn Pech im Spiel ist. Antworten auf fünf wichtige Fragen: 

Wie viele Menschen werden durch Blitze verletzt oder getötet? 

Amtliche Statistiken zu Verletzungen und Todesfällen durch Blitze gibt es zwar nicht. Allerdings wertet der VDE - Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik unter anderem Medienberichte für eine Statistik der Blitzunfälle aus: Demzufolge sterben in Deutschland im Schnitt jährlich 4 Personen nach Blitzeinschlägen. 

Durchschnittlich 110 Personen pro Jahr werden zudem mit Verletzungen nach Blitzschlägen in ein Krankenhaus eingeliefert bzw. ärztlich behandelt. Ein Sprecher des VDE weist aber darauf hin, dass es sich um eine konservative Schätzung handle. In der Praxis seien deutlich mehr Menschen von Blitzeinwirkungen betroffen.

Dennoch: Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Verkehrsunfall zu Schaden zu kommen, ist um ein Vielfaches höher als die von Blitzunfällen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes starben im Jahr 2024 2.770 Menschen im Straßenverkehr, zudem wurden über 360.000 verletzt. 

Was passiert im Körper, wenn ein Blitz einschlägt? 

Blitze entladen sich mit einer Wucht, die unsere Vorstellungskraft übersteigt: Mehrere Millionen Volt sind im Spiel, es wird bis 30.000 Grad Celsius heiß. Bernd Böttiger berichtet, wie er einmal im Italien-Urlaub aus der Ferne einen Einschlag am Strand beobachtet und später festgestellt hat: «Wo der Blitz eingeschlagen war, war der Sand verglast, weil er zum Schmelzen gebracht wurde.»

Da fragt man sich: Wie kann man als Mensch so einen direkten Blitzschlag überhaupt überleben? Das liegt laut dem VDE daran, dass der Großteil des Blitzstroms nicht durch den Körper abfließt, sondern über seine Oberfläche.

Klar ist aber: Durch seine enorme Energie kann so ein Blitz schwere Verletzungen verursachen, wenn er einen Menschen direkt trifft - und auch dann, wenn er im Baum über einem einschlägt oder im Boden in der Nähe. Auch 30 Meter von der Einschlagstelle entfernt kann noch so viel Strom durch den Körper fließen, dass es gefährlich werden kann.

«Es kann zu schweren Verbrennungen und sogar zu Knochenbrüchen kommen, der helle Lichtschein kann zu Augenverletzungen und Blendungen führen», sagt Bernd Böttiger. 

Dazu kommt: In den Körperteilen, die vom Strom durchflossen worden, sind Nerven- und Muskellähmungen möglich, die einige Stunden oder Tage bleiben können. Auch der Blutdruck kann sich durch einen Blitzschlag erhöhen - und für einige Monate erhöht bleiben, so der VDE.

«Vor allem aber kann der Blitz das Herz aus dem Takt bringen», sagt Bernd Böttiger. Schlimmstenfalls schlägt es gar nicht mehr und pumpt damit auch keinen lebenswichtigen Sauerstoff mehr zu den Organen - es liegt ein Herz-Kreislauf-Stillstand vor. 

Zack, ein Blitzschlag. Was tun, wenn eine Person jetzt nicht mehr ansprechbar ist? 

«Wenn jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand hat, ist die Wiederbelebung das Wichtigste», sagt Bernd Böttiger. «Ob etwa eine Verbrennung dann steril abgedeckt ist oder nicht, ist da keine oberste Priorität mehr.» 

Erhält ein Blitzopfer in den ersten fünf Minuten nach dem Einschlag Hilfe, haben die Wiederbelebungsmaßnahmen in mehr als 80 Prozent Erfolg, heißt es vom Deutschen Roten Kreuz. 

Wie bei anderen Notfällen lautet auch hier das Schema «Prüfen, Rufen, Drücken», wenn man Zeuge oder Zeugin eines Blitzunfalls geworden ist. 

  1. Prüfen: Reagiert die Person auf Ansprechen und Anfassen? Ist eine normale Atmung zu hören oder zu sehen? Ist beides nicht der Fall, liegt ein Kreislaufstillstand vor. «Länger als fünf oder zehn Sekunden sollte man mit dieser Prüfung nicht zubringen», sagt Bernd Böttiger.
  2. Rufen: Heißt konkret: Unter der Nummer 112 sollte man Hilfe anfordern.
  3. Drücken: Jetzt ist die Herzdruckmassage dran: Als Ersthelfer oder -helferin kniet man sich seitlich neben die Person. Einen Handballen platziert man auf der Mitte ihres Brustbeines. Die zweite Hand positioniert man auf dem Handrücken der ersten. Nun gilt es, 5 bis 6 Zentimeter tief in die Mitte des Brustkorbs zu drücken und das 100- bis 120-mal pro Minute, wie Bernd Böttiger erklärt. Wer sich dabei am Song «Stayin' Alive» von den Bee Gees mit seinen 100 Taktschlägen pro Minute orientiert, liegt gut. Sind andere Helfer vor Ort, kann man sich abwechseln. Wichtig ist nur, nicht zu unterbrechen und nicht aufzuhören, bis die medizinischen Profis den Patienten oder die Patientin übernehmen.

Kann ich in Gefahr geraten, wenn ich einem Blitzopfer helfe? 

Bei Unfällen mit Strom lautet der Rat stets: aufpassen, dass man als Ersthelfer oder Ersthelferin nicht in den Stromkreis gerät. Bei Blitzunfällen ist das anders. «Es fließt kein Strom mehr», sagt Bernd Böttiger. Man kann das Blitzopfer also berühren, ohne einen Stromschlag befürchten zu müssen. 

Doch was, wenn das Gewitter noch tobt? «Es ist theoretisch möglich, dass ein zweiter Blitz an der Stelle einschlägt», sagt der DRK-Bundesarzt. Eine gewisse Gefahr ist also gegeben. «Sie müssen aber etwas tun, sonst stirbt der Mensch. Wenn es irgendwie vertretbar ist, sollte man im Zweifel mit sofortigen Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen.» 

Eventuell besteht die Möglichkeit, das Blitzopfer in ein sicheres Gebäude oder ins Auto zu ziehen. Das sollte man dem DRK-Bundesarzt zufolge aber nur dann tun, wenn es den Beginn der Herzdruckmassage nur um wenige Sekunden verzögert. 

Wie kann ich mich vor Blitzschlag schützen, wenn ein Gewitter heranzieht? 

Zuflucht in einem Gebäude mit Blitzableiter oder in einem Auto ist möglich? Das ist gut, dort ist man geschützt. Und wenn das nicht geht? Dann sollte man darauf achten, keinesfalls der höchste Punkt in der Umgebung zu sein, wenn ein Gewitter tobt. Denn der Blitz sucht sich den kürzesten Weg - und der soll bitte nicht zum eigenen Kopf führen.

Wer nun auf die Idee kommt, sich flach auf den Boden zu legen, liegt aber wortwörtlich falsch. «Wenn der Blitz in der Nähe einschlägt, fließt der Strom durch Sie durch - und durch den ganzen Körper», sagt Bernd Böttiger. Er legt also - von Kopf bis Fuß - einen langen Weg zurück, der entsprechend viel Schaden anrichten kann.

Besser: sich hinhocken, am besten in eine Bodenmulde. Die Füße sollten dabei eng zusammenstehen, bevorzugt berühren nur die Fußballen den Boden. So anstrengend das auch ist, im Ernstfall ist diese Position von großem Nutzen. «Der Strom fließt dann nicht durch den ganzen Körper, sondern bestenfalls nur von einem Fußballen zum anderen», sagt Böttiger. 

Hinhocken ist übrigens auch angesagt, wenn man in einer Hütte oder Scheune ohne Blitzableiter Zuflucht gesucht hat. Die Mitte des Gebäudes ist dafür am besten geeignet. Schlägt der Blitz ein, ist so das Risiko am geringsten, dass der Strom auf den eigenen Körper überspringt.

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Ein Rettungswagen fährt bei Regen über eine Brücke
Jede Sekunde zählt: Wer vom Blitz getroffen wird, schwebt mitunter in Lebensgefahr und braucht schnelle Hilfe.© Andreas Arnold/dpa/dpa-tmn
Jede Sekunde zählt: Wer vom Blitz getroffen wird, schwebt mitunter in Lebensgefahr und braucht schnelle Hilfe.
© Andreas Arnold/dpa/dpa-tmn

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