Mehr Klarheit für Stahlarbeiter: TKS und IG Metall einigen sich auf Sanierungstarifvertrag

Thyssenkrupp Steel Europe und die IG Metall haben sich auf einen harten Sanierungstarifvertrag geeinigt, der bis 2030 gelten soll. Für die Stahlarbeiter in Duisburg gibt es dadurch etwas mehr Klarheit. Es sind aber auch schmerzhafte Einschnitte geplant.

Nach drei zähen Verhandlungstagen steht fest: Deutschlands größter Stahlhersteller wird radikal schrumpfen. Die Beschäftigten müssen deutliche Abstriche hinnehmen: Das Urlaubsgeld wird komplett gestrichen, das Weihnachtsgeld gekürzt. Zusätzlich reduziert sich die Wochenarbeitszeit von bisher bis zu 34 Stunden auf nur noch 32,5 Stunden. Unterm Strich bedeutet das für viele weniger Geld am Monatsende. Besonders bitter: Die Sonderzahlung zur Beschäftigungssicherung und zusätzliche tarifliche Vergütungen werden zwischen 2026 und 2029 komplett ausgesetzt. Auch die Jahressonderzahlung schrumpft 2025 von 110 auf 100 Prozent. Immerhin erhalten IG Metall-Mitglieder ab 2026 wieder die volle Jahressonderzahlung.

Massiver Stellenabbau ohne Kündigungen

Thyssen hatte Ende letzten Jahres angekündigt, insgesamt 11.000 Stellen abbauen und das Werk in Eichen schließen zu wollen. Tatsächlich sollen von den derzeit 27.000 Arbeitsplätzen bis zu 11.000 wegfallen. Das Unternehmen will auf nur noch 16.000 Stellen schrumpfen. Der Clou dabei: Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Stattdessen ermöglicht eine "Altersbrücke" Beschäftigten ab Jahrgang 1966 einen vorgezogenen, sozial abgefederten Übergang in den Ruhestand. Das Werk in Bochum wird definitiv geschlossen - allerdings erst 2028. Die ursprünglich geplante Schließung des Standorts Kreuztal-Eichen ist dagegen vom Tisch. Hier soll eine Arbeitsgruppe mit IG Metall-Beteiligung ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln.

Warum Thyssenkrupp Steel in der Krise steckt

Die Stahlsparte kämpft mit einem perfekten Sturm aus Problemen: Die schwächelnde Konjunktur drückt die Nachfrage, explodierende Energiepreise belasten die Produktion, und Billigimporte aus Asien setzen die Preise unter Druck. "Wir bauen überschüssige Kapazitäten ab, verbessern die Effizienz und können so ein wettbewerbsfähiges Kostenniveau erzielen", erklärt Firmenvorständin Marie Jaroni.

Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW, spricht von einem "tragfähigen Kompromiss mit schmerzhaften Elementen für beide Seiten". Die ursprüngliche "Giftliste" des Managements mit Einsparungen von 200 Millionen Euro jährlich konnte die Gewerkschaft immerhin nahezu halbieren.

Die Entscheidungen zum Spartarifvertrag im Überblick

Der finale Abschluss des Tarifvertrages steht unter zwei Vorbehalten:

1. Die IG Metall Mitglieder bei ThyssenKrupp Steel müssen dem zustimmen

2. Die Finanzierung muss durch den Konzern sichergestellt werden

  • Sozialverträglicher Stellenabbau statt Kündigungen

Kern des Ergebnisses ist eine umfassende Altersbrücke, die Beschäftigten ab Jahrgang 1966 einen vorgezogenen, sozial abgefederten Übergang in den Ruhestand ermöglicht. Damit wird der notwendige Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen umgesetzt. Die IG Metall konnte dafür Ausgleichszahlungen durchsetzen.

  • Mitbestimmung bei Effizienzmaßnahmen

Die geplanten Effizienzmaßnahmen bei TKSE werden künftig unter Einbindung der Arbeitnehmervertretungen überprüft. Eine tarifliche Begleitkommission wird sicherstellen, dass Belastungen nicht einseitig zulasten der Beschäftigten gehen. „Wir lassen das Unternehmen mit seinen Plänen nicht allein schalten und walten. Wir werden genau hinschauen, was geht und was nicht“, so Giesler.

  • Investitionen und Flüssigphase gesichert

Für den Fortbestand zentraler Produktionsbereiche wie der Flüssigphase gibt es verbindliche Zusagen. Auch der besonders gefährdete Standort Kreuztal-Eichen bleibt erhalten. Ein Moratorium schützt den Betrieb, während eine Arbeitsgruppe mit IG Metall-Beteiligung ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt. Daran geknüpft sind längst überfällige Investitionen in Millionenhöhe. Die geplante Schließung des Bochumer Standorts BNO wurde auf den 30.09.2028 festgelegt; die Produktion wird dort stufenweise heruntergefahren.

  • Arbeitnehmerbeiträge im Überblick

Die Arbeitszeit wird kollektiv um 1,5 Std./Woche reduziert.

Die Bezüge für Rufbereitschaft werden halbiert.

Die Sonderzahlung zur Beschäftigungssicherung und die zusätzliche tarifliche Vergütung werden in den Jahren 2026 bis 2029 ausgesetzt.

Die Jahressonderzahlung wird im Jahr 2025 von 110% auf 100% reduziert. Ab 2026 erhalten die Mitglieder der IG Metall wieder die volle Jahressonderzahlung.

Anstelle einer einseitigen Kündigung der Betriebsvereinbarung durch den Arbeitgeber, konnte eine Neuregelung der Jubiläumszahlungen erreicht werden.

25 Jahre Betriebszugehörigkeit: 1.000 EUR (vormals 1,0 Monatsgehalt)

35 Jahre Betriebszugehörigkeit: 2.000 EUR (vormals 1,5 Monatsgehälter)

45 Jahre Betriebszugehörigkeit: 3.000 EUR (vormals 2,25 Monatsgehälter)

Außertarifliche und leitende Angestellte, sowie der Vorstand leisten einen gleichwertigen Beitrag.

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