Was für die Kündigung von Homeoffice-Vereinbarungen gilt

Leere Arbeitsplätze in einem Großraumbüro
© Jan Woitas/dpa/dpa-tmn

Zurück ins Büro, bitte!

Köln (dpa/tmn) - Gute fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich viele Beschäftigte darauf eingestellt, ihre Arbeit teils oder sogar gänzlich im Homeoffice zu erledigen. Manche haben sogar ihren gesamten Alltag darauf ausgerichtet, dass sie selten oder gar keine Fahrtwege haben.

Möchte der Arbeitgeber die Möglichkeit zum Homeoffice dann einschränken oder ganz rückgängig machen, ist die Umstellung oft groß. Aber wann und unter welchen Voraussetzungen ist das eigentlich möglich? Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema. 

Wann kann ein Arbeitgeber eine individuelle Homeoffice-Vereinbarung rückgängig machen? 

Wann und wie oft Beschäftigte im Homeoffice arbeiten dürfen - dazu kann es verschiedene Arten von Vereinbarungen geben. Teils gibt es schriftliche Individualvereinbarungen, zum Teil haben Arbeitgeber die Konditionen zum Homeoffice nur mündlich oder auch konkludent - also stillschweigend - mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vereinbart.

Egal, welche Art von Individualvereinbarung zum Homeoffice vorliegt - sie könne einseitig vom Arbeitgeber nur durch eine Änderungskündigung rückgängig gemacht werden, erklärt Oberthür. Dazu müsse die Arbeitgeberin einen Kündigungsgrund haben - etwa die unternehmerische Entscheidung, Homeoffice nicht mehr anzubieten. 

Änderungskündigungen sind gesetzlich geregelt: Der Arbeitgeber beendet dabei mittels einseitiger Erklärung das Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig an, es zu veränderten Bedingungen fortzusetzen. 

Häufig enthält eine Homeoffice-Vereinbarung der Fachanwältin zufolge aber auch ein Recht zur eigenständigen Teilkündigung oder zum Widerruf. In einem solchen Fall könne sie einseitig vom Arbeitgeber beendet werden, ohne dass das Arbeitsverhältnis insgesamt betroffen wäre. Keinen Unterschied macht es dabei, ob sich die Möglichkeit zum Homeoffice im Arbeitsvertrag selbst findet oder mittels Zusatzvereinbarung geregelt ist.

Gibt es Fälle, in denen eine einseitige Kündigung der Vereinbarung unzulässig wäre?

In Ausnahmefällen kann eine ordentliche Kündigung der Homeoffice-Vereinbarung laut Nathalie Oberthür vertraglich ausgeschlossen werden. Sie wäre dann nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündbar. 

Und was gilt, wenn es eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice gibt? 

In dem Fall richte sich der Anspruch auf Homeoffice beziehungsweise dessen Beendigung nach den in der Betriebsvereinbarung festgelegten Bedingungen, so die Arbeitsrechtsexpertin. Betriebsvereinbarungen können ihr zufolge mit einer Frist von drei Monaten jederzeit gekündigt werden - sofern nichts anderes vereinbart ist.

Was gilt, wenn keine schriftlichen, mündlichen oder konkludenten Vereinbarungen zum Homeoffice vorliegen?

Es kann auch vorkommen, dass keinerlei Vereinbarungen zur Arbeit im Homeoffice vorliegen. In dem Fall «kann die Arbeitgeberin die Rückkehr ins Büro jederzeit verlangen», so Oberthür. Dabei müsse allerdings «billiges Ermessen gewahrt werden». Das heißt, auch die Interessen des betroffenen Mitarbeiters oder der betroffenen Mitarbeiterin müssen angemessene Berücksichtigung finden.

Illustrieren lässt sich das an einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 6 Sa 579/23) verhandelt hat. Ein Arbeitgeber wollte seinen Mitarbeiter, der dauerhaft im Homeoffice tätig war, an einen 500 Kilometer entfernten Unternehmensstandort versetzen und gleichzeitig die Homeoffice-Erlaubnis widerrufen.

Dagegen klagte der Mitarbeiter erfolgreich. Laut Auffassung des Gerichts hatte der Arbeitgeber die Interessen des Klägers bei der Versetzung nicht ausreichend berücksichtigt. Dem Urteil zufolge hat der Kläger ein «erhebliches Bestands- und Ortsinteresse». Sachliche Interessen des Arbeitgebers, warum eine Versetzung an einen 500 Kilometer entfernten Standort und Präsenzarbeit nötig sei, die die Interessen des Klägers überwiegen, konnte das Gericht nicht erkennen.

Muss der Arbeitgeber nach Aufkündigung von Homeoffice-Vereinbarungen immer genügend Arbeitsplätze für alle Beschäftigten zur Verfügung stellen? 

Ja, laut Oberthür müsse eine Arbeitgeberin, sofern kein Homeoffice beidseitig verbindlich vereinbart ist, die betriebliche Infrastruktur zur Verfügung stellen, die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich ist. Dazu gehört eben auch, dass Beschäftigte im Büro einen Arbeitsplatz haben. 

Ist es ein Trend, dass Beschäftigte wieder vermehrt im Büro arbeiten müssen?

Nach Darstellung des Münchner Ifo-Instituts hat sich die Arbeit aus dem Homeoffice in Deutschland fest etabliert. Fast jeder Vierte arbeitet nach wie vor zumindest teilweise von zu Hause aus. Im Februar 2025 lag der Homeoffice-Anteil bei 24,5 Prozent, wie aus einer Umfrage des Instituts hervorgeht. 

Die Homeoffice-Quote sei damit seit April 2022 nahezu unverändert. Aus den Daten ergeben sich demnach keine Hinweise, dass das Homeoffice auf dem Rückzug ist. Einzelne Initiativen von Unternehmen, ihre Beschäftigten ins Büro zurückzuholen, lassen sich statistisch nicht als Trend belegen.

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Dr. Nathalie Oberthür
Dr. Nathalie Oberthür ist Fachanwältin für Arbeitsrecht.© Bine Bellmann/dpa-tmn
Dr. Nathalie Oberthür ist Fachanwältin für Arbeitsrecht.
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