Caritas Duisburg lässt Missbrauch im Kinderdorf aufarbeiten

Der Caritasverband Duisburg startet eine umfassende Aufarbeitung von Missbrauchsfällen im ehemaligen Kinderdorf "Maria in der Drucht". Was Betroffene, Angehörige und ehemalige Mitarbeiter jetzt tun können.

© Olaf Fuhrmann / FUNKE Foto Services

Öffentlicher Aufruf zur Mithilfe

Der Caritasverband Duisburg hat eine wissenschaftliche Aufarbeitung von sexualisierter, körperlicher und psychischer Gewalt im ehemaligen Kinderdorf "Maria in der Drucht" in Auftrag gegeben. Die Einrichtung wurde von 1946 bis 1983 vom Caritasverband betrieben. Aus dieser Zeit sind mehrere Gewaltfälle bekannt geworden, die sich insbesondere auf die 1960er und 1970er Jahre konzentrieren. Es geht um mehrere Fälle sexualisierter, körperlicher oder psychischer Gewalt.

Nach ersten Gesprächen mit Betroffenen beauftragte der Verband 2024 zunächst den Historiker Prof. Andreas Henkelmann von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen mit der Erforschung der Kinderdorf-Geschichte anhand von Archivrecherchen. Im August 2025 folgte die Beauftragung von Prof. Dr. Manuela Dudeck von der Universität Ulm und ihrem erfahrenen Forschungsteam mit einer Interviewstudie.

Wer kann sich melden?

Das Ulmer Forschungsteam sucht ab sofort Kontakt zu:

  • Betroffenen von Gewalt im ehemaligen Kinderdorf
  • Angehörigen von Betroffenen
  • Ehemaligen Mitarbeitenden der Einrichtung
  • Zeug*innen von Gewaltvorfällen

Auch Personen, die nicht selbst betroffen waren, aber Kenntnisse über Vorfälle haben, können wertvolle Informationen zur Aufarbeitung beitragen.

Was erwartet Teilnehmende?

Bei Interesse an einer Teilnahme erhalten Betroffene zunächst eine ausführliche Aufklärung über:

  • Ziel und Fragestellung der Studie
  • Ablauf der Befragung
  • Mögliche Risiken
  • Datenschutzbestimmungen
  • Freiwilligkeit und Schweigepflicht

Die Teilnahme ist vollständig freiwillig. Interessierte haben ausreichend Bedenkzeit und müssen ihre Zusage schriftlich erteilen.

Themen der Interviews

Die strukturierten Interviews orientieren sich an folgenden Leitfragen:

  • Wie kam es zur Gewalt?
  • Welche Folgen hatte die Gewalt für die Betroffenen?
  • Wussten andere von der Gewalt und wie reagierten sie?
  • Kann etwas wiedergutgemacht werden?
  • Wie sollte an das Geschehene erinnert werden?
  • Was sollte zukünftig in Kinderheimen anders gemacht werden?

Teilnehmende können jederzeit eigene Themen ansprechen, müssen nicht auf alle Fragen antworten und können das Interview jederzeit abbrechen.

Datenschutz und Anonymität

Die Interviews werden digital aufgezeichnet (nur Ton). Die Aufnahmen werden anschließend:

  • Verschriftlicht und vollständig anonymisiert
  • Mit Passwort geschützt gespeichert
  • Nur vom Forschungsteam ausgewertet
  • Nach Erstellung der Abschrift gelöscht

Alle Namen von Personen und Orten werden durch Platzhalter ersetzt, sodass kein Rückschluss auf die Identität möglich ist. Die anonymisierten Abschriften werden gemäß wissenschaftlichen Standards für 10 Jahre archiviert.

Veröffentlichung der Ergebnisse

Beide wissenschaftlichen Studien – die Archivrecherche von Prof. Henkelmann und die Interviewstudie von Prof. Dr. Dudeck – werden nach Abschluss veröffentlicht. Die Berichte werden auf der eigens eingerichteten Internetseite www.kinderdorf-maria-in-der-drucht.de zugänglich gemacht.

Kontaktmöglichkeiten und Vertraulichkeit

Interessierte können sich direkt an das Forschungsteam wenden:

Dr. Judith Streb

Lindenallee 2, 89312 Günzburg

Telefon: 08221/96-2868

E-Mail: judith.streb@uni-ulm.de

Die Kontaktaufnahme wird streng vertraulich behandelt. Eine anonyme Kontaktaufnahme ist ausdrücklich möglich. Das Forschungsteam verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der institutionellen Aufarbeitung von Machtmissbrauch und Gewalt.

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